casablanca gGmbH – Innovative Jugendhilfe und Soziale Dienste

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Newsletter Herbst 2021

Barrieren abbauen: Wo stehen wir im Vielfalts-Prozess?

Bubbles Diversity Panke Haus 2Seit Mai 2019 findet bei casablanca im Bereich der Hilfen zur Erziehung ein Organisationsentwicklungsprozess zu den Themen Diversity und Inklusion statt. Mit der Unterstützung von Expert*innen wurde einiges in Gang gesetzt, um Mitarbeitende für diese Themen zu sensibilisieren und verschiedene Maßnahmen am Modellstandort Panke-Haus umzusetzen.

Lisa Dehne hat den Prozess mitinitiiert und detailliert begleitet. Um einen tieferen Einblick ins Thema zu ermöglichen, haben wir ihr einige Fragen zu Diversity, Inklusion und dem Prozessablauf im Panke-Haus gestellt:

 

Liebe Lisa, versuch doch mal bitte, Diversity und Inklusion in kurzen Worten zu beschreiben.

Diversity bezieht sich auf die Vielfalt von Menschen und Lebensformen und die Wertschätzung dieser Vielfalt. Inklusion bedeutet, dass alle Menschen selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben in allen Bereichen teilhaben und es mitgestalten.

Was bedeutet das im Hinblick auf Unternehmen, beziehungsweise für casablanca?

Das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz vom Juni 2021 legt ganz klar fest, dass die Kinder- und Jugendhilfe den Auftrag hat, Hilfen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen anzubieten. Damit Inklusion gelingt, braucht es eine generelle Haltung, die die Vielfalt von Menschen und Lebensformen anerkennt und wertschätzt. Um das umzusetzen, widmet sich casablanca in einem dreijährigen Organisationsentwicklungsprozess ausführlich den Themen Diversity & Inklusion.

Panke Haus Logo 2021casablanca verfügt über zahlreiche unterschiedliche Angebotsorte. Warum habt ihr das Panke-Haus für die Umsetzung des Pilotprojekts ausgewählt?

Im Familienförderzentrum Panke-Haus befinden sich verschiedene Hilfen unter einem Dach – neben ambulanten und stationären Angeboten bietet es auch Familienförderung in Form von Kursen und Beratung an. So können wir die Maßnahmen gleich bei mehreren Hilfeformen erproben.

Was musste bezüglich Inklusion und Diversity noch angepackt werden? Welche Ressourcen waren bereits vorhanden, was musste neu oder anders gedacht werden?

Im Panke-Haus war bereits eine große Offenheit für die Themen Diversity & Inklusion vorhanden, was sicher auch an dem multikulturellen Umfeld liegt. Es gab bereits Kooperationen und Vernetzungen mit anderen multikulturellen Vereinen und einige Aspekte der Inklusion wurden schon gelebt. Es ging daher vor allem erst einmal um eine noch stärkere Sensibilisierung, zum Beispiel für Barrieren – bauliche, aber auch sprachliche oder solche im Kopf. Systematisch wurden die pädagogische Haltung, das Leitbild, die Ausstattung etc. geprüft und wenn nötig angepasst, um dem Ziel der inklusiven Jugendhilfe näherzukommen.

Wie sieht der Prozess-Ablauf genau aus?

Bubbles Diversity Panke Haus 3Unterteilt ist das Projekt in folgende vier Phasen:

  1. Projektplanung, Ist-Soll-Analyse und Auftaktveranstaltung
  2. Entwicklung eines Handlungskonzeptes
  3. Modellhafte Erprobung
  4. Abschlussveranstaltung, Evaluation & Transfer, Handreichung

 

Wie wurde die Prozess-Idee von den Mitarbeitenden aufgenommen?

Ganz unterschiedlich: Es gibt viele Mitarbeitende, bei denen die Themen bereits auf fruchtbaren Boden gefallen sind und die sich mit viel Engagement am Prozess beteiligt haben. Aber es gibt natürlich auch Mitarbeitende, die Vorbehalte haben, bspw. weil sie befürchten, dass Inklusion eine zusätzliche Belastung in der Arbeit bedeutet.

Wer hilft euch bei der Umsetzung?

logo rueckenwind  2015 weissErfreulicherweise ist es uns gelungen, über das EU-Programm “rückenwind+” eine finanzielle Förderung zu akquirieren. Somit können wir diesen Prozess qualitativ gut vorbereiten, durchführen und evaluieren. Unterstützt werden wir u.a. von Prof. Dr. Komorek – Professor für Inklusion an der evangelischen Hochschule Berlin – und einer Steuerungsgruppe, die sich aus interessierten Kolleg*innen des Bereiches der Hilfen zur Erziehung gebildet hat.

Welche Ziele habt ihr euch für das Pilotprojekt vorgenommen und wie dicht seid ihr drangekommen?

Für das Projekt hatten wir uns auf folgende fünf Ziele geeinigt:

  1. Das Selbstverständnis der Mitarbeiter*innen ist gekennzeichnet durch konsequente Wertschätzung von Vielfalt und somit die Bereitschaft, individuelle und flexible Hilfen und Angebote zu ermöglichen.
  2. casablanca ist barrierearm.
  3. Unsere Teams sind vielfältig und arbeiten interdisziplinär.
  4. Fachkompetenz bzgl. Diversity/ Inklusion ist vorhanden.
  5. Die Adressat*innen finden sich mit ihrer Diversität in den Angeboten wieder.


Aktuell läuft noch eine Evaluation, daher kann ich zur Zielerreichung noch gar nicht viel sagen. Aber es ist bereits jetzt spürbar, dass sich an der Haltung der Mitarbeitenden etwas geändert hat. Je mehr wir uns mit dem Thema Diversity auseinandergesetzt haben, umso stärker hat es den Blick geschärft für die Vorteile, die in der Vielfalt liegen und für Barrieren, die abgebaut werden müssen, damit Inklusion gelingen kann.

Leitlinien Panke Haus Aug2021


Mit welcher Umsetzung habt ihr angefangen, um überhaupt richtig in das Thema reinzukommen?

Als Einstieg in die Umsetzungsphase haben sich die Teams des Panke-Hauses in einem “teaminternen Thementag” zunächst mit einem selbstgewählten Thema aus der Rubrik “Diversity & Inklusion” beschäftigt. Anschließend haben wir uns unter Beteiligung der Mitarbeitenden im Panke-Haus auf Definitionen für die Begriffe Diversity, Inklusion und Barrierefreiheit geeinigt. Das Leitbild des Panke-Hauses wurde unter die Lupe genommen, bezüglich Diversity & Inklusion angepasst und in einfache Sprache übersetzt. Fortbildungen wurden veranstaltet und eine Diversitätsbeauftragte im Panke-Haus etabliert mit dem Ziel, zu den Themen Diversität & Inklusion zu sensibilisieren und neue Angebote mitzuentwickeln. Wir haben das Panke-Haus auf Barrieren und die Ausstattung auf Diversität geprüft und anschließend diverses Spielzeug, Bücher und Hilfsmittel für den Alltag in unseren Bestand aufgenommen. Des Weiteren haben wir verschiedene Instrumente entwickelt, mit denen wir den oben genannten Zielen näher kommen wollen (Leitfaden für Bewerbungsgespräche, Willkommensmappe, Teamressourcenkarten & Mitarbeitenden-Kompetenzprofile, Evaluationsbögen etc.). Mit Newseinträgen sowie Audio- und Videopodcasts wurden die Mitarbeitenden kontinuierlich über den Prozess auf dem Laufenden gehalten.

Was war leicht umzusetzen? Was stellt(e) sich als besonders schwierig heraus?

Es war relativ einfach, die Ausstattung zu überprüfen, Fortbildungen zu veranstalten oder eine Diversitätsbeauftragte zu ernennen. Komplizierter hingegen waren Maßnahmen, die einen Abstimmungsprozess voraussetzen wie bspw. das Einigen auf die Begriffs-Definitionen (s.o.). Auch bei Instrumenten, die viele Überlegungen nach sich ziehen wie bspw. das Mitarbeitenden-Kompetenzprofil (Umsetzbarkeit, Datenschutz etc.), haben wir mehr Zeit benötigt als gedacht. Und das Übersetzen von Dokumenten in einfache Sprache ist ebenfalls nicht so einfach, wie es klingt;-)

Gab es bereits Feedback von Besucher*innen?

Es gab wohl schon positives Feedback auf unser neu angeschafftes diverses Spielzeug. Wir haben bspw. Puppen, Spiele und Bücher mit dem Fokus auf Vielfalt besorgt – sie repräsentieren Figuren mit verschiedensten physischen Merkmalen oder Beeinträchtigungen, diversen Familienmodellen, unterschiedlichen ethnischen Herkünften etc. Und einige Bewerber*innen haben sich gezielt bei uns beworben, weil sie auf unserer Homepage gesehen haben, dass wir uns mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen.

Auf welche Art und Weise wurde die Umsetzung von Prof. Dr. Komorek und anderen Fachleuten begleitet?

Herr Prof. Dr. Komorek hat uns von Anfang an begleitet – er hat viel Erfahrung mit Organisationsentwicklungsprozessen und als Professor für Inklusion steht er uns auch fachlich mit Rat und Tat zur Seite. Ansonsten haben wir uns externe Referent*innen zu fachlichen Themen wie Rassismus, Diversity, einfache Sprache, Klassismus etc. herangeholt.

 

Bubbles Diversity Panke Haus einzelnWie sieht für dich ein gutes Ergebnis aus?

Ein gutes Ergebnis ist für mich, wenn sich bei den Mitarbeitenden eine grundlegende Haltung etabliert, die Diversität wertschätzt und Inklusion ganz selbstverständlich lebt. Wenn diese Grundhaltung da ist, sind in meinen Augen auch die Bereitschaft und die Möglichkeit gegeben, individuelle Hilfen und Angebote anzubieten.

Wie soll das Thema dauerhaft verankert werden bzw. bestenfalls in eine `Normalität´ transferiert werden?

Durch eine Sensibilisierung zu den Themen Diversität und Inklusion und eine wertschätzende Grundhaltung diesen Themen gegenüber ist schon mal eine Basis geschaffen. Dann gilt es diese Themen lebendig zu halten durch bedarfsorientierte Fortbildungen, eine kontinuierliche Nutzung der erstellten Instrumente, eine diverse Gestaltung der Teams, die Etablierung einer Ansprechperson für genau diese Themen und eine Vernetzung mit anderen themenrelevanten Akteur*innen im Kiez. Und ein bisschen learning by doing gehört dazu – es muss dann von Fall zu Fall geguckt werden, was benötigt wird, um inklusive Jugendhilfe anbieten zu können, wo nachgebessert werden muss, wo es noch Schulungen oder andere externe Kooperationspartner*innen braucht.

Was ist dir noch wichtig uns mitzuteilen?

Ich finde es großartig, dass so viele Mitarbeiter*innen trotz Corona so engagiert an diesem Projekt mitgewirkt haben. Die Steuerungsgruppe, die nun seit über zwei Jahren kontinuierlich zusammensitzt, um den Prozess zu steuern, die Mitarbeitenden, die sich in den Arbeitsgruppen eingebracht haben und vor allem auch die Kolleg*innen, die jetzt in der Pilotphase – die genau in den Zeitraum der dritten Welle der Corona-Pandemie fiel – die Umsetzung gewuppt haben, neben ihrem sonstigen pädagogischen Alltag. Hut ab und danke für eure engagierte Mitarbeit!

Und danke dir, Lisa, für die ausführlichen Informationen!

 Logoleiste rueckenwind


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