Newsletter Winter 2020
Das wichtigste Ziel ist und bleibt der Kinderschutz
Innovative Jugendarbeit und soziale Dienste – das Zusammensein mit anderen Menschen prägt die Arbeit bei casablanca. Vieles musste deshalb in den letzten Monaten überdacht, verändert, verschoben werden. So gut es geht haben die Mitarbeiter*innen sich umgestellt und alternative Angebotsformen und Methoden gefunden, um ihre Zielgruppen weiterhin zu erreichen. Dazu ein kleiner Bericht von Tony Leidenberger, Leiter der Ambulanten Hilfen im Panke-Haus:
„Die Situation hat krasse Auswirkungen auf den ambulanten Bereich. Der persönliche Kontakt ist normalerweise das Allerwichtigste für unsere Arbeit - durch das gegenseitige Kennenlernen schaffen wir eine Vertrauensbasis zwischen uns und den betreuten Familien. Und im März hieß es dann auf einmal: Das alles geht so nicht mehr. Die Arbeit ist wichtig, aber Kontakte werden auf absolut Notwendiges reduziert. Und sie sollen mit Abstand geschehen. Durch so etwas entsteht natürlich erstmal eine große Unsicherheit.
Welcher Kontakt ist notwendig, wenn wir in der Arbeit doch abhängig sind von Vertrauen und einer guten Arbeitsbeziehung. Wie oft gehen wir in die oft viel zu engen Wohnungen der von uns betreuten Familien? Wie lange halten wir uns da auf?
Wir treffen uns draußen zu Familien- oder Einzelgesprächen oder führen Telefonate. Wir hangeln uns da ganz gut durch, aber natürlich entstehen Lücken zu dem, was wir sonst eigentlich tun könnten.
Trotzdem kann ich behaupten, dass unsere Arbeit nach wie vor effektiv ist. Die meisten der uns anvertrauten Familien machen gut mit. Wir haben nicht nur mit den Kindern, sondern auch viel mit den Eltern gesprochen, sie gefragt, wie es ihnen geht und sie wissen lassen, dass sie in dieser herausfordernden Situation gesehen werden. In der gesamten Zeit des ersten Lockdowns gab es in allen 40 betreuten Familien keinen einzigen gemeldeten Gewaltvorfall. Wir wissen, dass überforderte Eltern davon profitiert haben, mit uns zu reden und zu wissen, dass wir da sind. Und der Lockdown schien für einige Kinder tatsächlich zumindest einen kleinen Vorteil mit sich zu bringen, weil manche ihrer Eltern sich etwas mehr mit ihnen beschäftigt haben.
Inhaltlich werden wir in unserer Arbeit immer wieder ausgebremst: Nach wie vor gelten Einschränkungen, hinzu kommen Quarantänen bei unseren Mitarbeiter*innen oder den Familien, abgesagte Termine aufgrund von Krankheitssymptomen sowie eingeschränkte Kooperationen mit anderen wichtigen Institutionen (z.B. dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst).
Was das Team betrifft: Wir verstehen uns sehr gut, sind eingespielt und profitieren voneinander – nicht nur bezüglich der Arbeit an sich, sondern auch, weil wir im Büro über Sorgen und nicht so schöne Ereignisse reden können, die der Job ab und zu mit sich bringt. Auch das fiel im ersten Lockdown völlig weg. Nachdem die strengen Kontaktregeln im Sommer wieder etwas aufgeweicht wurden, fiel es jetzt umso schwerer, sie wieder anzuziehen.
Wir überlegen uns gerade ein paar Ideen, wie wir unsere gute Teamkultur durch die Pandemie hindurch aufrechterhalten können. Zum Beispiel verabreden sich jeweils zwei Mitarbeiter*innen regelmäßig zu einem „Coffee-Date“, entweder virtuell oder draußen mit Abstand. Und wir führen einmal pro Monat ein Team-Outdoor-Treffen durch. Wir gehen zusammen spazieren, halten dabei Abstand und unterhalten uns. Team-Sitzungen finden einmal wöchentlich online statt – im Büro dürfen sich momentan nur zwei Personen gleichzeitig aufhalten, damit im schlimmsten Fall nicht alle gleichzeitig in Quarantäne müssen. Das wäre natürlich schlimm, vor allem in Hinblick auf unsere Arbeit mit den Familien.
Manchmal ist der Frust besonders groß, weil wir bei den ambitionierten Zielen mit den Familien so ausgebremst sind. Dann sage ich, das wichtigste Ziel, auf das wir uns konzentrieren müssen, ist der Kinderschutz. Und das schaffen wir – und das hilft mir auch diesem Jahr ein bisschen Optimismus abzutrotzen.“