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Bunte Momente 2021
Die Teams bei casablanca haben alles getan, um ihre Zielgruppen weiter gut zu erreichen, was zum Teil einen erheblichen Mehraufwand und Kreativität beinhaltete. Doch „Aus der Not heraus“ entstanden dabei neue Projekte, die Kinder und Jugendliche sicherlich auch in Zukunft und ganz ohne Pandemie mitnehmen werden.
Normalerweise
Normalerweise gehen die Kinder, die stationär bei uns untergebracht sind, in die Schule oder zur Kita, bekommen Besuch von ihren Familien und können in den Ferien mit der Gruppe in den Urlaub fahren oder ins Ferienlager.
Normalerweise feiern wir Sommerfeste und Weihnachten, unternehmen Ausflüge und verbringen viel Zeit miteinander.
Normalerweise arbeiten wir eng mit den Familien zusammen, die viel Zeit in unseren Gruppen verbringen dürfen, was vor allem für die ganz kleinen Schützlinge enorm wichtig ist.
Normalerweise machen wir einen tollen und gleichzeitig herausfordernden Job, der ganz viel Spaß macht, manchmal aber auch sehr bewegend und hin und wieder traurig ist.
Dieses Jahr (und auch schon letztes) war alles ganz schön anders und zu all dem, was ohnehin schon oft schwierig ist, kam Corona – und das mit voller Wucht – und blieb.
Plötzlich waren Schulen und Kitas teilweise geschlossen und die Kinder durften ihre Freunde nicht sehen, ihren Hobbys nicht nachgehen. Das Kinderwohnprojekt von casablanca wurde plötzlich zu einem Raum, in dem die Beschränkungen durch die Pandemie sehr deutlich spürbar wurden. Und auch in den ambulanten Hilfen wurde es zur Routine, die Balance zwischen Hygieneplänen, Schutzmaßnahmen und so viel Unterstützung wie möglich zu gewährleisten, ohne den Kinderschutz aus den Augen zu verlieren.
All das, was unser Jahr ansonsten ausmacht, mussten wir streichen oder verschieben. Das war oft traurig und häufig fehlte den Kindern und Jugendlichen eine zeitnahe Perspektive.
Die Kinder haben, was ihre soziale und emotionale Entwicklung betrifft, einiges aufzuholen. Das Lernen und Spielen mit Gleichaltrigen, weniger Kontakte zu ihren Familien, weniger Freiheiten… das macht sich nicht erst jetzt in ihrem Verhalten bemerkbar und kommt zu den ohnehin schon bewegenden Biografien als weiterer Einschnitt hinzu.
Unsere Familienhelfer*innen waren durchgehend im Einsatz. Die Lockdowns sorgten dafür, dass Familien besonderen Belastungsmomenten ausgesetzt waren und die Unterstützung weiterhin dringend notwendig war. Homeschooling und enge Wohnverhältnisse führten zu mehr Konflikten, und die Möglichkeiten zur Entschärfung solcher Situationen nahmen ab. Gefährdungsmomente gab es mindestens genauso viele wie vor Corona.
Die sozialen Gruppenangebote für Kinder wurden kreativ umgestaltet, Einzelangebote entwickelt und am Schnittpunkt Schule und Jugendhilfe - im Wissen um die zahlreichen Kontakte von Schüler*innen - erfolgreich weitergeführt.
Im Sommer konnten wir alle kurz aufatmen! Ausflüge waren wieder möglich, Ferienprogramme konnten stattfinden und einige Kinder konnten sogar ins Ferienlager fahren. Bis vor ein paar Wochen hat es sich fast ein bisschen wie „normalerweise“ angefühlt und wir waren guter Dinge – aber weit gefehlt.
Im November sind in einer unserer Krisengruppen sieben Kinder im Alter von zwei bis 14 Jahren an Corona erkrankt. Sie hatten zum Teil heftige Verläufe, Mitarbeiter*innen erkrankten ebenfalls, obwohl sie durchgeimpft waren. Zwei Kolleginnen sind mit den Kindern in die Gruppe gezogen und begaben sich, wohl wissentlich welchem Risiko sie sich aussetzen, für eine Woche in Quarantäne. Zwei weitere Kolleg*innen folgten für die zweite Woche der Quarantänezeit.
Auch in den Gruppenangeboten und Familienhilfen gab es immer wieder erkrankte Mitarbeiter*innen und Quarantänesituationen, die organisiert und bewältigt werden mussten. Was für ein Kraftakt!
Ihr seht – nicht nur für die Kinder, auch für die Menschen, die hier arbeiten kommt gerade nochmal eine ganz andere Komponente hinzu, nämlich das Arbeiten mit einem hochansteckenden Virus. Wir können die stationären Gruppen nicht schließen oder die Kinder in ihre Familien zurückschicken. Denn gerade in dieser Zeit ist es wahnsinnig wichtig, dass es solche Einrichtungen und einen sicheren Platz für die Kinder gibt. Vor allem jetzt sind die Fachkräfte nochmal mehr die sicheren Konstanten für Eltern, Kinder und Jugendliche. Vor allem in den letzten beiden Jahren merkten wir die Belastungen in den Familien. Kinderschutz macht keine Pause – Kinder- und Jugendhilfe geht weiter. 24 Stunden am Tag. 365 Tage im Jahr.
Wir wollen gar nicht nur solche Geschichten von unserer Arbeit erzählen, denn das ist NORMALERWEISE nicht unsere Art und Herangehensweise - doch vor allem in den letzten beiden Jahren wurde wieder deutlich, dass die Kinder und Jugendlichen, die im System der Kinder- und Jugendhilfe landen, keine Lobby haben – genau wie die Menschen, die dort arbeiten. Einen offiziellen Corona-Bonus gab es für Kitas, für die Jugendhilfe nicht. „Systemrelevant“ wurde erst im zweiten Entwurf auch für die Kinder- und Jugendhilfe bescheinigt, Masken und Tests waren von offizieller Seite her lange Zeit Mangelware…
Wir wollen wieder schöne, bewegende Geschichten erzählen und unsere Arbeit wieder mit den Dingen füllen, die wir gut können: Für die Kinder und ihre Familien da sein und mit ihnen ein Stück ihres Lebenswegs gehen, mit den Familien Perspektiven und Lösungen entwickeln und dafür sorgen, dass es nach der Zeit mit uns ein wenig besser wird.
Wir sind unheimlich dankbar, so großartige und engagierte Kolleginnen und Kollegen in unseren Projekten zu haben, die in den letzten beiden Jahren Großartiges geleistet und immer wieder in Kauf genommen haben, selbst an Corona zu erkranken. Neben all den persönlichen Themen, die Corona sowieso schon auf den Tisch gebracht hat, haben hier alle unermüdliches Engagement an den Tag gelegt, um die Arbeit – so gut es eben ging – aufrecht zu erhalten.
Ich wünsche euch und uns, dass wir im Jahr 2022 wieder mehr Momente zum Durchatmen finden und wir das Wort „normalerweise“ nicht mehr so häufig in unseren Gesprächen nutzen müssen!! DANKE und schöne Weihnachten!